Großreinemachen-Die Bereinigung der Arbeitsamt-Statistik

Offener Brief an den Chef der Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg.

Sehr geehrter Herr Gerster!

Welche Chancen haben Arbeitslose eigentlich, dem bevorstehenden Absturz in die Sozialhilfe auszuweichen, besonders die über 50- jährigen? Doch auch schon jüngere haben längst das Problem mit dem Lebensalter. Dem von Ihnen ausgehenden, offenbar nicht mehr aufzuhaltenden Unheil einfach mit der Aufnahme einer Arbeit auszuweichen ist nachweislich illusorisch. Einmal müssen hierfür Arbeitsplätze auch tatsächlich zur Verfügung stehen - besonders welche, über deren Einkommenshöhe auch die Lebenshaltungskosten der Betroffenen finanzierbar sind - zum andern muß es eine entsprechende Zahl Unternehmen geben, die bereit sind, Langzeitarbeitslose naheliegend zu fairen Bedingungen einzustellen. Aber die schrecken bekanntlich schon davor zurück, Leute einzustellen, die die Grenze zur Langzeitarbeitsloigkeit noch nicht überschritten haben und auf einen Arbeitsplatz hoffen.

Sollen sich die Arbeitslosen reihenweise aufhängen, um die Arbeitslosen- Statistik zu bereinigen, um nicht geteert und gefedert, um nicht als arbeitsscheue Elemente verunglimpft, nicht zu Schmarotzern der Nation gemacht, um nicht aus dem Sozialstaatparadies vertrieben zu werden? - Als Alternative: Arbeitslager oder Freitod?

Was erwartet den Arbeitslosen, wenn er schließlich zum Sozialhilfe-Empfänger mutiert:

Sozialhilfe-Empfänger haben nicht einmal das Recht, ein Auto zu besitzen. Und das, obwohl doch so ziemlich jeder weiß, daß gerade das Auto heute mehr denn je als wichtigstes Mittel zur Mobilität einen geradezu existenziellen Stellenwert erlangt hat. Nicht jeder kann auf öffentliche Verkehrsmittel zurückgreifen, um den Arbeitsplatz zu erreichen. Und nicht jeder hat diesen gleich um die Ecke.

In Hamburg wird unterdessen Jagt auf Sozialhilfeempänger gemacht, die heimlich ein Auto besitzen. Nun müssen sie es verkaufen (wieviel bekommt jemand schon für einen gebrauchten Pkw?) und Geld an das Sozialamt zurückzahlen. Einmal verkauft, kann sich kein Hilfempfänger mehr ein Auto zulegen, sollte das für eine Arbeitsaufnahme erforderlich sein.

Es mag Fälle geben, die auf Missbrauch des Sozialen Netzes hindeuten, aber deshalb gleich allen Betroffenen Missbrauch zu unterstellen ist zynisch. Ein Sozialhilfe-Empfänger ohne Auto? Wenn der jemals in ein befreiendes Arbeitsverhältnis vermittelbar sein soll, ohne der Mobilität per Auto ist das fast völlig aussichtslos! Ein Sozialhilfe-Empfänger hat noch geringere Aussichten auf eine Vermittlung in den Arbeitsmarkt, um so aus seiner Misere herauszukommen.

Klaus am 27.05.02

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